CrimEX gUG -
"Hinter Gittern, vor der Chance" ©
1. Einleitung
CrimEX gUG (www.crimex.social) hat ein innovatives, wirkungsvolles und tiefgreifendes Präventionsprojekt entwickelt, das darauf abzielt, Jugendliche im Alter von 13 bis 21 Jahren, die sich in einer gefährdeten Lebenssituation befinden oder bereits kriminell auffällig geworden sind, die Realität des Strafvollzugs aufzuzeigen und sie nachhaltig von einem kriminellen Lebensweg abzubringen. Dieses Konzept beschreibt detailliert die theoretischen Grundlagen, Behandlungsansätze des Konzepts, die spezifische Zielgruppe, die umfassende Durchführung und die sorgfältige Evaluation des Projekts, welches Jugendlichen eine einzigartige und wertvolle Chance bietet, ihre Zukunft positiv zu gestalten und ein erfülltes Leben in Freiheit zu führen.
2. Theoretische Grundlagen
Das Projekt basiert auf der fundierten Theorie der sozialen Lerntheorie von Albert Bandura, die besagt, dass Menschen durch Beobachtung und Nachahmung lernen. Durch die authentische Konfrontation mit der Realität des Strafvollzugs und den persönlichen und berührenden Geschichten der Inhaftierten, die bereits erfolgreich Teil des CrimEX-Programms sind, sollen die Jugendlichen die unmittelbaren und langfristigen negativen Konsequenzen kriminellen Verhaltens erfahren und positive, straffreie alternative Verhaltensweisen erlernen. Die Jugendlichen erhalten die Möglichkeit, sich mit den Inhaftierten zu identifizieren und aus deren Fehlern zu lernen, ohne selbst die schmerzhaften Konsequenzen tragen zu müssen.
2.1 Behandlungsansätze
Die Inhaftierten wenden sich an die Jugendlichen und fordern sie auf, Verantwortung für ihre Zukunft zu übernehmen und sich von ihrer bisherigen Lebensweise zu distanzieren. Dieser Appell soll nicht nur die jungen Menschen motivieren, sondern auch den Inhaftierten die Gelegenheit bieten, über ihre eigenen Erfahrungen nachzudenken und die Ratschläge, die sie den Jugendlichen zu vermitteln versuchen, in ihr eigenes Leben zu übertragen. In einem geschützten Umfeld, das durch den Austausch mit den Jugendlichen entsteht, können sie ihre Lebensgeschichten kritisch hinterfragen, ohne die Angst vor einer Bedrohung ihrer Identität. Die Auseinandersetzung mit belastenden Gefühlen wie Schuld und Scham wird durch diese Interaktion erleichtert. Die positive Rückmeldung der Jugendlichen ermöglicht es den Inhaftierten, diese Emotionen nicht als Schwäche zu betrachten, sondern als wertvolle Erkenntnisse, die zur persönlichen Weiterentwicklung beitragen können.
2.2 Zu erreichende Risiko- Schutz- oder Ansprechbarkeitsfaktoren
Im Rahmen von Präventionsprogrammen, hier CrimEX, wird häufig die Bedeutung sozialer Beziehungen und familiärer Bindungen hervorgehoben. Die teilnehmenden Inhaftierten setzen sich intensiv mit der Frage auseinander, was es bedeutet, vertrauensvolle Freundschaften zu pflegen und welche Rolle die Familie im Leben eines Menschen spielt. Dabei wird auch reflektiert, wie das eigene Verhalten sowohl kurzfristige als auch langfristige Auswirkungen auf das persönliche Umfeld und die eigene Zukunft hat. In einigen Fällen können Personen, die Schwierigkeiten haben, ihre Taten zu akzeptieren, in die Gruppe integriert werden, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Durch die Teilnahme an dem Präventionsprojekt CrimEX kann ein Bewusstseinswandel stattfinden, der es den teilnehmenden Inhaftierten ermöglicht, ihre Handlungen als Teil ihrer Lebensgeschichte zu akzeptieren und aus Fehlern zu lernen. Erste positive Ergebnisse zeigen, dass solche Ansätze hilfreich sein können, wobei die Leugnung von Taten nicht als alleiniges Kriterium für die Teilnahme betrachtet werden sollte.
2.2.1 Verbesserungen von folgenden Risikofaktoren:
§ Antisoziale Einstellungen/ Steigerung von Einfühlungsvermögen und Empathiefähigkeit
Die Förderung von Einfühlungsvermögen und Empathiefähigkeit stellt einen zentralen Schwerpunkt dar. Durch den gezielten Austausch mit den teilnehmen Jugendlichen, sollen die Inhaftierten lernen, die Perspektiven anderer Menschen zu verstehen, um dadurch Emotionen nachvollziehen zu können. Diese Fähigkeiten sind entscheidend für die Verbesserung zwischenmenschlicher Beziehungen und die Vermeidung etwaiger zukünftiger Konflikte.
§ Kognitive Verzerrungen- Straftataufarbeitung
Ein zentraler Bestandteil des Präventionsprogramm ist die systematische Straftataufarbeitung. Hierbei werden die teilnehmenden Inhaftierten im Austausch mit den Jugendlichen dazu angeleitet, die Auswirkungen ihrer Taten auf die Opfer und die Gesellschaft zu reflektieren. Hierbei wird zudem angeregt, die Empathiefähigkeit stetig auszubauen. Der Austausch soll ein tieferes Verständnis für die Konsequenzen ihres Handelns fördern und unterstützt gleichwohl den Prozess der Verantwortungsübernahme.
§ Steigerung des Selbstwertgefühls
Die Stärkung des Selbstwertgefühls ist ein weiterer zentraler Aspekt zur Verbesserung von kriminogenen Risikofaktoren. Durch positive Rückmeldungen, Erfolgserlebnisse und die Förderung individueller Stärken sollen die Teilnehmenden ein gesundes Selbstbild entwickeln. Ein gestärktes Selbstwertgefühl kann dazu beitragen, dass sie sich von delinquenten Verhalten distanzieren und alternative Lebenswege einschlagen.
2.2.2 Ansprechbarkeit von peripheren Risikofaktoren
§ Auseinandersetzung mit Schuld und Scham
Die Auseinandersetzung mit den Gefühlen von Schuld und Scham ist von großer Bedeutung. In therapeutischen Sitzungen lernen die Teilnehmenden, diese Emotionen zu akzeptieren und konstruktiv damit umzugehen. Dies kann helfen, innere Konflikte zu lösen und die Motivation zur Wiedergutmachung zu stärken.
§ Wiedergutmachung
Ein zentrales Ziel des Programms ist die Wiedergutmachung. Die Teilnehmenden werden ermutigt, Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen und Wege zu finden, um den angerichteten Schaden zu reparieren. Dies kann durch Entschuldigungen, gemeinnützige Arbeit oder andere Formen der Wiedergutmachung geschehen.
§ Erarbeitung situativer und personeller Risikofaktoren
Die Identifikation situativer und personeller Risikofaktoren ist ein weiterer wichtiger Bestandteil des Programms. In Gruppen-und Einzelgesprächen, insbesondere im Einzelgespräch mit den Jugendlichen, sollen die Inhaftierten lernen, die Umstände und persönlichen Eigenschaften zu erkennen, die zu ihrem straffälligen Verhalten beigetragen haben. Dieses Wissen ist entscheidend, um zukünftige Rückfälle zu vermeiden und gesunde Verhaltensmuster zu entwickeln.
3. Zielgruppe
Das Projekt richtet sich gezielt an Jugendliche im Alter von 13 bis 21 Jahren, die entweder bereits kriminell auffällig geworden sind oder sich in einem sozialen Umfeld bewegen, das ein erhöhtes Risiko für Kriminalität und Gewalt birgt. Diese gefährdeten Jugendlichen benötigen besondere Unterstützung und Orientierung, um negative Einflüsse zu überwinden und eine positive Lebensperspektive zu entwickeln.
4. Durchführung
4.1 Vorbereitung:
CrimEX führt ca. eine Woche vor dem intensiven Besuch in der JVA eine umfassende und sorgfältige Vorbereitung mit den Jugendlichen durch.
Inhalte:
Umfassende und detaillierte Informationen zum Projekt und zum Ablauf des Besuchs in der JVA, um die Jugendlichen bestmöglich auf das bevorstehende Erlebnis vorzubereiten und ihre Erwartungen und eventuelle Ängste zu managen.
Klare und verbindliche Verhaltensregeln und transparente Erwartungen an die Jugendlichen, um einen reibungslosen und sicheren Ablauf zu gewährleisten und die Sicherheit aller anwesenden Beteiligten zu sichern.
Offene Fragestellung und intensiver Austausch, um die Jugendlichen aktiv in den Prozess einzubeziehen und ihre individuellen Bedürfnisse und Anliegen zu berücksichtigen.
4.2 Besuch in der JVA Hannover:
Angenehme und stressfreie Ankunft an der JVA und freundliche Begrüßung und Einweisung durch erfahrene und empathische Sozialarbeiter und den Fachbereich Sicherheit, um eine positive, vertrauensvolle und offene Atmosphäre zu schaffen, in der sich die Jugendlichen wohl und sicher fühlen.
Durchlaufen einer realitätsnahen Routinekontrolle, wie sie Angehörige von Inhaftierten erleben, um Verständnis und Empathie für die Situation der Angehörigen zu fördern und die Jugendlichen für die Perspektive der Menschen zu sensibilisieren, die von Inhaftierungen betroffen sind.
Übergang in das sicherheitsrelevante Durchsuchungszentrum und kontrolliertes Durchlaufen einer gründlichen Routinekontrolle, wie sie bei einer tatsächlichen Verhaftung üblich ist, bis hin zur Andeutung der eventuell notwendigen Umkleidung mit einem unpersönlichen Justizjogger, um die unangenehme und einschneidende Realität des Strafvollzugs nachvollziehbar und erlebbar zu machen und die Jugendlichen schonungslos mit den unangenehmen Aspekten einer Inhaftierung zu konfrontieren.
Freiwilliger Einschluss in einen typischen Haftraum (max. 5 Minuten), begleitet und betreut durch kompetente und einfühlsame Sozialarbeiter, Lehrer und Mitarbeiter des Fachbereichs Sicherheit, um die beklemmende Realität eines Haftraumes hautnah zu erleben und die psychischen und emotionalen Auswirkungen von Freiheitsentzug auf drastische Weise zu verdeutlichen.
Führung durch die weitläufige JVA zum modern ausgestatteten Konferenzraum, um den Jugendlichen einen authentischen Einblick in die verschiedenen Bereiche der JVA zu geben und ihnen die Struktur und Organisation des Gefängnisalltags näherzubringen.
Treffen mit ausgewählten und vorbereiteten Inhaftierten der erfolgreichen Behandlungsmaßnahme CrimEX, die ihre persönlichen Erfahrungen offen, authentisch und ohne Beschönigung teilen, um den Jugendlichen die wertvolle Möglichkeit zu geben, aus erster Hand und ungeschminkt von den Konsequenzen ihres kriminellen Verhaltens zu erfahren. Die Inhaftierten berichten von ihrem persönlichen Werdegang, den Gründen für ihre Inhaftierung, den Herausforderungen des Gefängnislebens und ihren Hoffnungen und Zielen für die Zukunft.
Kennenlernen, spannende und interaktive Rollenspiele zum wichtigen Thema Prävention, wertvolle und praxisnahe Informationen über den harten Haftalltag, um die Jugendlichen aktiv in das Programm einzubeziehen und ihr Wissen über die Themen Kriminalität und Strafvollzug auf spielerische und informative Weise zu erweitern.
Gemeinsames Mittagessen (Haftkost), um einen unverfälschten und direkten Einblick in den kargen Gefängnisalltag zu erhalten und die einfachen Lebensbedingungen in der JVA realistisch zu veranschaulichen.
1 zu 1 Gespräche zwischen Inhaftierten und Jugendlichen, die Raum für vertrauliche Fragen und persönlichen Austausch bieten, um die Jugendlichen zu ermutigen, ihre eigenen Gedanken und Gefühle zu reflektieren und sich mit den Inhaftierten auf einer persönlichen Ebene auseinanderzusetzen.
Verabschiedung und geordnete Entlassung aus der JVA.
4.3 Nachbereitung:
Ca. eine Woche nach dem eindrucksvollen Besuch findet eine ausführliche und intensive Nachbereitung mit den Jugendlichen statt.
Inhalte:
Gemeinsame und vertiefte Reflexion des Besuchs und der gemachten Erfahrungen, um die zahlreichen Eindrücke in Ruhe zu verarbeiten und die wichtigen Lerneffekte zu festigen und zu verankern.
Evaluation des Projekts, um die erreichte Wirksamkeit zu messen und kontinuierlich zu verbessern und das Projekt optimal an die Bedürfnisse der teilnehmenden Jugendlichen anzupassen.
Individuelle Beratung und persönliche Betreuung und umfassende Unterstützung für die Jugendlichen, um ihnen bei der Bewältigung ihrer persönlichen Herausforderungen zu helfen und sie auf ihrem Weg in ein straffreies und erfolgreiches Leben zu begleiten und zu unterstützen.
Gespräch über die wichtige Zeit nach dem Besuch und die möglichen positiven Veränderungen im Verhalten der Jugendlichen, um die langfristige Wirkung des wertvollen Projekts zu fördern und die Jugendlichen zu ermutigen, die gewonnenen Erkenntnisse in ihrem Alltag umzusetzen.
5. Evaluation
Die Wirksamkeit und der Erfolg des Projekts werden durch die sorgfältige und ausführliche Reflexion des Besuchs und der gemachten Erfahrungen bewertet und dokumentiert.
6. Kooperationspartner
Engagierte Schulen und Bildungseinrichtungen
Polizei und Justizbehörden
AVD und weitere soziale Einrichtungen
Sozialpädagogische und psychologische Fachkräfte der JVA Hannover
Lehrkräfte und pädagogisches Fachpersonal externer Einrichtungen